Heute wurde von der Präsidentin des Bundesverband Erneuerbare Energie ein Standpunkt im Tagesspiegel Background “Energie & Klima” veröffentlicht, den ich hier kurz kommentieren möchte.

einen stärkeren Zubau von Erneuerbaren in Regionen mit höheren Strompreisen sowie Stimuli für die Industrie, in die Regionen mit niedrigeren Strompreisen zu ziehen

Das ist überhaupt nicht der entscheidene Punkt. Der entscheidene Punkt bei mehreren Strompreiszonen bzw. Nodal Pricing ist es weniger bzw. kein Engpassmanagement (Redispatch und Countertrading) mehr machen zu müssen.

Nach der Teilung ist vor der Teilung.

Stimmt, deswegen braucht es mehr als 2 Strompreiszonen, am besten Nodal Pricing: siehe Diskussion von Missverständnissen nodaler Preissysteme

Eine Gebotszonenteilung bedingt auch weniger liquide Märkte mit größeren Marktpreisschwankungen: Ein neuer Windpark mit 50 Megawatt Leistung hat in einer bundesweiten Zone kaum Einfluss auf Strompreise, in einer kleinen Gebotszone schon.

Der Handel findet ja nicht nur innerhalb der Gebotszonen statt, sondern es gibt über die Börse gebotszonenübergreifenden Handel. Wenn in Deutschland die Preise niedrig sind und in Frankreich hoch, dann verkaufen wir ja auch Strom. Das ist bei mehreren Strompreiszonen innerhalb eines Landes selbstverständlich genau so.

Deren Zubau würde zwar attraktiver, nicht aber die Sektorenkopplung, also die Verbindung von Erzeugungspotenzialen mit flexiblen Speicher- und Verbrauchsmöglichkeiten – von E-Mobilität bis Wärmepumpen.

Für stärkere Sektorenkopplung braucht es andere Instrumente, z.B. Reform bei den Netzentgelten. Überwindung der Einheitsstrompreiszone kann auch nicht alles lösen, aber vieles verbessern.

Absatz “Netze ausbauen, Flexibilitäten entfesseln”

Der Absatz stimmt grundsätzlich komplett, aber Netze ausbauen und Flexibilitäten entfesseln löst die Probleme welche mit Nodal Pricing bzw. mehreren Strompreiszonen gelöst würden halt nicht. Die Netze soweit auszubauen das gar keine Netzengpässe in Deutschland mehr entstehen würden wäre so teuer, dass die Stromkosten zu großen Teilen aus Netzentgelten für den Netzausbau bestehen würden. Dies wäre volkswirtschaftlich absolut nicht sinnvoll. Es muss das jeweils vorhandene Netz optimal ausgenutzt werden. Selbst wenn es innerhalb von Deutschland keine Netzengpässe mehr gäbe, ist die Betrachtung des Gesamteuropäischen Stromsystems notwendig, und hier ist insbesondere ein möglichst optimaler Austausch auch zwischen den Ländern wichtig um Erzeugungsschwankungen optimal auszugleichen, siehe auch meinen Artikel Liquidität im Stromhandel: Strompreiszonen und Nodale Preise. Netze ausbauen und Flexibilität entfesseln sind aber selbstverständlich super wichtig.

Im Bereich der schnell wachsenden Stromspeicherkapazitäten würde die Absenkung der Stromnebenkosten sowie die Abschaffung von Baukostenzuschüssen neue Anreize setzen.

Die Stromnebenkosten enthalten auch die Kosten für Engpassmangagement, diese würden durch eine Überwindung der Einheitstrompreiszone auf nahezu 0 sinken. Somit würden die Stromnebenkosten nicht nur für Stromspeicher sinken sondern auch für alle anderen, und das komplett Bürokratiefrei und ohne Außnahmen.

Keine dieser Maßnahmen kann für sich allein stehen; ein komplexes und vielfältiges Energiesystem braucht vielfältige und komplexe Lösungen. Das ist weniger spektakulär wie die Forderung nach einer Teilung der Gebotszone, schützt aber Industrie, Wirtschaft und Haushalte nachhaltig vor Verwerfungen und sichert kostengünstig den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die Forderung nach mehreren Gebotszonen oder nach Nodalpricing steht auch nicht für sich alleine, sondern steht gemeinsam mit anderen vielfältigen Lösungen. Auf der Einheitstrompreiszone zu beharren wird eher zu Verwerfungen führen, da das bestehende System unzureichend ist, und Veränderungen dann irgendwann schneller umgesetzt werden müssen. Es hat durchaus gute Gründe, dass viele andere Länder bereits mehrere kleinere Strompreiszonen haben.